ersten Moment schon ein bisschen traurig, denn auch für Bala und Sansibar waren Spiesschen da. Nur für sie war nichts dabei. Wi hatte die ganze Zeit zu Brauna geschielt und mit einem schelmischen Lächeln beobachtet, wie sie ihre Enttäuschung zu verbergen suchte. Doch jetzt stand er auf und holte einen ganz langen Spiess mit gerösteten Baumnüssen hinter seinem Rücken hervor.

„Ach, das hätte ich ja fast vergessen, hier habe ich noch etwas für Brauna! „

Brauna strahlte übers ganze Gesicht und probierte das erste Nüsschen, sprang dann zu Wi und gab ihm einen Kuss auf die Wange, worauf der Wichtel leicht errötete. „Ich habe im Leben noch nie eine so wunderbar duftende Nuss gegessen,“ schwärmte das Eichhörnchen und knabberte begeistert weiter.

Es war ganz ruhig am Feuer, nur von Sansibar hörte man ab und zu einen Flammenrülpser.

Als sie alle aufgegessen hatten, zeigte Sansibar einen Riesenfeuerrülpser. Er stellte sich etwas entfernt auf die Wiese, streckte den Kopf in die Luft und blies einen sensationellen Feuerball in den Abendhimmel.

„Mach das noch mal, wenn’s ganz dunkel ist,“ rief ihm Quistel begeistert zu, „dann wird man die Flammen noch viel besser sehen!“

Wi sass noch mit offenem Mund da und starrte zum Drachen: „So etwas Ähnliches habe ich schon einmal gesehen, aber nicht eine so wunderschöne riesige Flamme!“

„Vor vielen Jahren“ fuhr er fort, „verbrachte ich einige Zeit auf einem Jahrmarkt. Ich hatte mich damals in der Geisterbahn versteckt und mich von den Leckereien ernährt, welche die Leute vor Schreck fallen liessen. Dort gab es einen Fakir, welcher sich auf ein Nagelbrett legte und manchmal auch Feuer spuckte. Aber so einen grossen Feuerball wie Sansibar hat er nie fertiggebracht. Es gab auch eine Wahrsagerin, die aus einer Kristallkugel die Zukunft lesen konnte. Auf jeden Fall hat sie so getan als ob, denn ich habe ihr oft zugeschaut und sie hat immer wieder die gleichen Geschichten erzählt. Spannend war es trotzdem, denn was die Wahrsagerin wirklich konnte, sie konnte die Leute einschätzen. Wenn die Menschen zu ihr ins Zelt kamen, schaute sie diese genau an und sagte ihnen immer irgend etwas Passendes. Die Leute waren dann ganz überrascht, was da so alles in der Kristallkugel zu sehen war. Schön war auch ihr Zelt. Viele Kerzen brannten und in der Mitte stand das Tischchen mit der Kristallkugel. Der ganze Raum war mit orientalisch gemusterten Tüchern verhängt. Dunkelrote, buntgemusterte, blaue mit goldenen Streifen, viele mit kleinen, runden Spiegelstückchen bestickt, so dass es glitzerte und glänzte. Von der Decke hingen ein paar Kristalle, die zu Prismen geschliffen waren und das Kerzenlicht brachen, sodass überall auf den Tüchern kleine Regenbogen erschienen. Es war einfach zauberhaft in diesem Zelt.“

Alle hatten den Schilderungen gebannt zugehört und gar nicht bemerkt, dass das Feuer schon fast erloschen war und die ersten Sterne am Himmel funkelten. Jetzt aber, da Wi seine Erzählung unterbrach, um einen kleinen Schluck zu trinken, begannen sie zu frösteln. Sofort legten sie das restliche Holz nach und es wurde auch gleich wieder wärmer.

Willis letzte Wurzel war schon zur Hälfte im Boden und er sagte zu seinen am Feuer versammelten Freunden: „So, jetzt stehe ich wirklich fest und ich habe einen optimalen Platz gefunden, denn entlang meiner vierten Wurzel fliesst ein unterirdisches Bächlein. Wenn ich mit meinen feinen Würzelchen sauge, kann ich wunderbares, frisches Wasser trinken. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mir nächstes Jahr wieder einen neuen Standort suchen werde, hier stimmt einfach alles.“

Er machte eine kleine Pause und fuhr mit einer müde klingenden Stimme fort: „Wahrscheinlich ist das Nass unter meiner Wurzel der Wasserlauf, welcher den Sumpf in der Wiese verursacht. Ihr hattet schon darüber geredet, ob ihr dort nicht irgendwann einen Teich bauen wollt.“ Er unterbrach ein weiteres Mal und gähnte ansteckend: „Ich bin jetzt sehr müde vom Einwurzeln und für den Fall, dass ich einschlafen sollte, wünsche euch schon jetzt eine gute Heimkehr.“ Von Brauna wollte Willi noch wissen, ob sie gedenke in der Höhle zu übernachten.

„Natürlich bleibe ich hier, ich komme gleich vorsichtig hinauf, wenn alle gegangen sind. Ich werde aufpassen, dass ich dich nicht wecke. Bis Morgen, schlaf gut.“

Sie sassen noch ein wenig zusammen, bis das Feuer soweit hinuntergebrannt war, dass nichts mehr passieren konnte.

Als sie sich von Brauna verabschiedet hatten, entfernte sich Sansibar ein gutes Stück von ihnen und spuckte eine Riesenflamme in den Nachthimmel, natürlich wieder begleitet von einem tiefen Rülpser. Wi war so begeistert, dass er Sansibar zurief: „Noch einmal bitte!“ Der Drache machte ihm die Freude. Doch nach drei weiteren grossen Feuerrülpsern kamen nur noch kleine Flämmchen.

„Noch mehr kann ich nicht!“ rief ihnen Sansibar ganz erschöpft zu, „mein Ofen ist aus!“

So machten sie sich auf den Weg nach Hause und dort angekommen, ging es gar nicht lange, bis alle tief und fest schliefen.

Gegen Morgen hatte es zu regnen begonnen, und als sie aufstanden goss es in Strömen. Dies kam ihnen ganz gelegen, denn so konnten sie am Bett weiterarbeiten.

Quistel sägte aus einer quadratischen Latte vier Eckpfosten und kontrollierte danach nochmals genau deren Länge.

Nun konnten sie die einzelnen Teile zum ersten Mal zusammenhalten und schauen, ob alles passt.

„Wenn ich das so betrachte,“ bemerkte Wi glücklich, „wird es ein wunderschönes Bett und noch dazu mein erstes eigenes. Ich erinnere mich an eines, in dem ich eine Zeit lang schlafen durfte. Dieses hatte auf den Eckpfosten runde Holzkugeln. Könnten wir das nicht auch so machen?“

Schnell hatte Quistel aus den Reststücken der Latte vier Würfel gesägt und drückte sie Wi mit den Worten in die Hand: „Jetzt müssen sie nur noch geschnitzt und geschliffen werden.“

 

 

 

 

 

 

nächste Seite